Ein Kunstprojekt des WU-Kunst
Im Kunstunterricht des WU-Kunst an unserer HeLa sind eindrucksvolle, großformatige Selbstporträts entstanden, die hier im Rahmen einer Ausstellung „UNSEEN“ im Verwaltungsgang präsentiert werden. Diese Werke sind nicht einfach Momentaufnahmen, sondern das Ergebnis eines intensiven und vielfältigen künstlerischen Prozesses, bei dem die Schülerinnen und Schüler (*der einfacheren Lesbarkeit wird im Folgenden nur das Wort Schüler verwendet) sich auf unterschiedliche Weisen mit sich selbst, ihrer Wahrnehmung und gestalterischen Möglichkeiten auseinandergesetzt haben.
Der Anfang: Experiment und Wahrnehmung
Am Anfang des Prozesses stand das Sammeln sogenannter ästhetischer Erfahrungen. Darunter versteht man sinnliche, emotionale und gedankliche Auseinandersetzungen mit künstlerischen Materialien, Formen und Ausdrucksweisen. Die Schüler hatten die Möglichkeit, auf spielerische und forschende Weise ihren eigenen Zugang zum Zeichnen zu entdecken – jenseits von Perfektion und Leistungsdruck.
Ein Beispiel dafür war das Blindzeichnen – eine Übung, bei dem die eigene Hand das Motiv nachzeichnet, ohne dabei auf das Papier zu schauen. Ziel dieser Übung war es, den Fokus von einem perfekten Abbild hin zu einer intensiveren Wahrnehmung und einem freien Ausdruck zu verlagern. An verschiedenen Materialstationen experimentierten die Schüler mit Zeichenmitteln wie Kohle, Aquarell, Tusche, Öl- und Pastellkreiden, Finelinern oder Markern. Diese Materialien wurden nicht nur ausprobiert, sondern gezielt verglichen – etwa indem ein Blumenstillleben mehrfach auf unterschiedlichen Papieren, in verschiedenen Formaten und unter Zeitdruck gezeichnet wurde. Die entstandenen Arbeiten wurden in einer Zeichenmappe gesammelt, die den individuellen Lern- und Erfahrungsweg dokumentiert.



Die Auseinandersetzung mit Künstlerpersönlichkeiten
Ein weiteres Element des Projekts war die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Künstlerpersönlichkeiten. Dabei lernten die Schüler zunächst das Werk von Horst Janssen kennen, einem Künstler, der für seine sensiblen, oft radikal subjektiven Zeichnungen und Druckgrafiken bekannt ist. Besonders seine Stillleben und Selbstporträts, in denen er sich auf immer neue Weise erforscht, dienten als wichtige Inspirationsquelle.
Ein weiterer spannender Impuls kam durch die Beschäftigung mit der ehemaligen Schülerin Jasmin Siddiqui, die gemeinsam mit Falk Lehman das international erfolgreiche Künstlerduo Herakut bildet. Ihre Werke zeichnen sich durch eine einzigartige Mischung aus Street Art, Malerei und Typografie aus. Besonders ihre Figuren mit Tiermasken und tiefgründigen Textbotschaften regten die Schüler dazu an, sich mit Identität, Emotion und Fantasie auseinanderzusetzen.
Digitale Vorarbeit – Collagen als Grundlage
Im Anschluss begaben sich die Schüler auf eine bildnerische Recherche zum Thema menschliches Porträt mit Tiermasken. Mit Hilfe des Bildbearbeitungsprogramms Photopea erhielten sie eine Einführung in die Grundlagen der digitalen Bildgestaltung. Dabei lernten sie den Umgang mit Ebenen, Bildmontage, Tonwertkorrektur und Freistellung. Die individuell entstandenen digitalen Collagen dienten als Vorlage und Inspirationsquelle für die anschließende großformatige Zeichnung.


Der Schritt zum Selbstporträt
Die finale Phase des Projekts bestand in der Umsetzung des Selbstporträts als großformatige Zeichnung. Dabei griffen die Schüler auf ihre zuvor gesammelten Zeichenerfahrungen zurück und wählten ihre bevorzugten Materialien und Techniken frei aus. Das Ergebnis: Eine Vielzahl individueller Porträts, die nicht nur äußerliche Merkmale darstellen, sondern innere Welten, Stimmungen und Vorstellungen sichtbar machen. Die Kombination aus realistischem Porträt und Einbeziehung eines Tieres ermöglicht eine doppelte Lesart – als Ausdruck der eigenen Identität und als Spiel mit der Verwandlung.
Kunst als Prozess der Selbstfindung
Das Projekt Wege zum Bild – ein Selbstporträt zeigt, wie vielfältig und persönlich der künstlerische Ausdruck sein kann, wenn Schüler Raum zur Erprobung, Inspiration und Reflexion bekommen. Die entstandenen Werke sind nicht nur technisch beeindruckend, sondern auch Ausdruck eines individuellen Wegs der Selbstwahrnehmung und -darstellung. Die Ausstellung an der Helene-Lange-Schule macht diesen Weg sichtbar – für Mitschüler, Eltern und die Öffentlichkeit. Sie lädt dazu ein, sich auf die Frage einzulassen: Wer bin ich – und wie möchte ich mich zeigen?